Der Name „Villa Toscana“ in Gmunden klang mir schon als Kind äußerst verheißungsvoll. Da hat man gewisse Vorstellungen und Fragen, vor allem wenn man ab und an durch den herrlichen Park wandelt. Im in Sichtweite gelegenen Strandbad habe ich viele Sommer meiner Kindheit im Badebuffet verbracht und mich oft gefragt, warum die Toskana in Gmunden vertreten war und wer hier wohl gewohnt haben mag. Von meiner geschichtskundigen Tante erfuhr ich schließlich, während wir Strudel um Strudel in der großen Strandbadküche fabrizierten, dass ursprünglich die toskanische Linie der Habsburger hier war und das Anwesen später von einem Amerikaner für seine Frau gekauft worden sei. Das entsprach zwar nicht ganz den Tatsachen, war aber viel Stoff zum Träumen für ein junges Mädchen.
Die unglaubliche Geschichte zur Villa Toscana, hat mir nun das Buch „Margaret Stonborough-Wittgenstein. Grande Dame der Wiener Moderne“ erschlossen. Margret Greiner zeichnet in dieser hochinteressanten Biografie nicht nur das Bild einer außergewöhnlichen Frau, sondern auch einer ganzen Epoche, die von gesellschaftlichen Konventionen geprägt und von zwei Weltkriegen bestimmt war. Die Schwester Ludwig von Wittgenstein hatte sich das Haus in einem reichlich heruntergekommenen Zustand von ihrem Erbe gekauft, umbauen lassen und dort viele Jahre die Sommerfrische verbracht. Umgeben von prominenten Gästen, Familie und ihrem Porträt, das hinter einer Chaiselonge im Abstellraum viele Jahrzehnte versteckt war. Gustav Klimt hatte es im Auftrag ihres Vaters gemalt, seine Tochter hatte sich darauf aber nie gefallen.
An der Seite ihres unsteten, amerikanischen Mannes, der mit den Guggenheims verwandt war, aber keine Hand für Geldgeschäfte hatte, lebte Margaret Stonborough-Wittgenstein an vielen Orten, blieb aber mit ihrer Familie, Wien und dem Sommersitz fest verbunden. 1938 setzte er seinem Leben in der Villa Toscana ein Ende. 20 Jahre später wurde die sozial überaus engagierte Frau, die zu dem Vermögen ihres Vaters ein sehr zwiespältiges Verhältnis hatte, neben ihm am Friedhof in Gmunden zur letzten Ruhe gebettet.
Die Autorin Margret Greiner hat viele Original-Sequenzen aus den Briefen Stonborough-Wittgensteins an ihre Kinder und Geschwister miteinbezogen, was dem Buch eine besondere Authentizität verleiht. Man fühlt sich der Protagonistin so nahe, dass es einem leid tut, sie nicht kennengelernt zu haben. Absolut lesenswert!
- Tipp: Margret Greiner: Margaret Stonborough-Wittgenstein. Grande Dame der Wiener Moderne. Kremayr & Scheriau 2018, 304 Seiten, € 24,00