Tulpen, Frühlingsboten erster Güteklasse, einen ganzen langen Winter müssen wir nun darauf warten. Dank Carolus Clusius, dem Botaniker aus Leiden, können wir uns jährlich dem Tulpenglück hingeben. Er züchtete mit der besonderen Knolle aus der Türkei, die einem Turban ähnlich sah. Sie schnappten einen Virus auf, veränderten sich und die Welt: der Tulpenwahn war geboren. Denn plötzlich waren sie exotisch, einzigartig, überwältigend und wurden an der Börse in Holland zu unglaublichen Preisen gehandelt.
In Bad Ischl unweit des Bahnhofes und quasi im Vorfeld des evangelischen Pfarrgartens befindet sich seit 2015 ein kleiner Carolus Clusius-Garten, an dem ich – Tulpenliebhaberin – schon so oft unbemerkt vorbei gegangen bin, dass ich heute peinlich berührt war. Ein Kleinod mit zahlreichen Bänken, eng zusammengeschmiegt und mit bewusst ausgewählten Pflanzen garniert. Wer eintritt wird schnell gefangen sein und von Zimmer zu Zimmer wandeln. Auf kleinem Raum wird ein Rundgang durch die Reformation geboten, der nur scheinbar am Korbinian-Apfelbaum zu enden scheint. In Wahrheit geht in dem kleinen Refugium eine ganze Welt auf von Menschen, die Außergewöhnliches geleistet haben. Wie der bayrische, katholische Pfarrer Augustus Korbinian.
Im KZ in Dachau züchtete er zwischen den Baracken ein kleines Apfelbäumchen, das er nach seiner Befreiung neben die Kirche von Wilparting umsetzte. Wenn man über die Tragweite dieses Tuns nachdenkt, bleiben für einen Moment die Uhren stehen.