Muttertag 2019, vier von fünf Retzek-Damen im Dirndl, nachdem es der „Nachwuchs“ eingefordert hatte.
Ich bin im Schatten einer Ledernähmaschine aufgewachsen. Da wurden Autositzbezüge, Schlüsselanhänger oder Fellpolster genäht. Das typische Singer-Rattern hatte etwas Beruhigendes, auch deshalb weil der Blick meiner Mutter auf den Gegenstand und nicht auf mich fokussiert war. Nebenbei bewies sie eine ausgesprochen gute Hand für Bekleidung. Als alle anderen schon in Jeans herumstapften, musste ich immer noch selbstgenähte Lederhosen und Ledermäntel tragen. Die waren sehr chick aber damals wirklich nicht zeitgemäß. Heute wäre ich über derartige Funde mehr als erfreut.
Das erste selbstgenähte Dirndl gabs dann für irgendein Sportfest. Bei der Dachbodenräumung meines Elternhauses vor einem knappen Jahr fiel es uns in die Hände. Unglaublicherweise passte ich immer noch irgendwie hinein, die Proportionen sahen aber trotzdem nicht gut aus. Eine meiner Nichten ist schließlich damit von dannen gezogen. Gottseidank haben einige Besuche im Hause Tostmann in der Nachbarschaft ihre Spuren in meinem Kleiderschrank hinterlassen, mit Dirndln bin ich gut gerüstet.
Für alle, die gerne selber eines nähen möchten, ist im Servus-Verlag das profunde Buch „Mein selbstgenähtes Dirndl“ von Dorothea und Birgitt Wilhelm erschienen. Mit Schnittermusterbogen für 2 unterschiedliche Dirndlmodelle in den Größen 34 – 50. Es ist Schritt für Schritt bebildert und so gut erklärt, dass auch Näheinsteigerinnen damit zurande kommen können. Selbst das Fertigen der berühmten „Froschgoscherl“-Zierleisten am Dekollete ist damit kein Geheimnis mehr. Auch das Engernähen oder Herauslassen eines Kleides hat Eingang gefunden, was nach der Corona-Pause viele freuen dürfte.
Mutter Birgitt Wilhelm hat aus ihrem großen Hobbyschneiderinnenfundus wichtige Tipps aus der Praxis beigesteuert, an die man sich halten kann. Tochter Doro steht mit ihrem Gesicht auch für eine Bewegung, die ihr Herzensprojekt „Dirndl“ beinhaltet: unter www.dirndlschleifchen.de bloggt sie alles rund ums Dirndl und hat auf facebook eine Community mit mittlerweile mehr als 7.000 Dirndl-Enthusiastinnen aufgebaut, wo einem die Ergebnisse von Nadel und Faden geradeso um die Ohren fliegen: #DirndlChallenge, zweifellos eine große Leidenschaft. Daraus ein Buch für Einsteigerinnen zu entwickeln war eine großartige Idee.
Buchtipp: Dorothea & Birgit Wilhelm: Mein selbstgenähtes Dirndl. Servus-Verlag, 138 Seiten, € 26,00