80 Jahre ist Barbara Frischmuth heuer zu Sommerbeginn geworden. In Altaussee geboren und aufgewachsen, findet man sie seit 1999 auch wieder dort und gerne in ihrem Garten. Dazwischen gab es einige Stationen, die einen großen Bogen aufmachten. Für mich war Frischmuth lange eine der Ausseerland-Autorinnen, bis mir ein Mitarbeiter einmal sagte, die Barbara hätte er immer wieder bei seiner Tante in Istanbul getroffen. Ich hatte eines ihrer Bücher in der Hand und sagte ganz ungläubig „die Frischmuth?“. Das passte sogar nicht zur „Klosterschule“ – ihrem einprägsamen Debutroman aus der Enge und  meiner Vorstellung vom Salzkammergut-Haus.

Damals wusste ich auch noch nicht, dass Frischmuth Türkisch und Ungarisch am Dolmetsch-Institut studiert und 1960 ein Stipendium an der Uni Erzurum in Anatolien absolviert hatte, war ihr aber schon im Literaturhaus Salzburg begegnet. Ich hatte also viel zum Nachholen und tauchte ein, in eine detailreiche Welt zwischen Orient und Okzident.

Doch egal wo Frischmuth gerade (literarisch) zu Hause war: in ihren Werken hat sie immer den Blick auf Frauen gelegt, die Sensibilität für deren Lebensbedingungen und Stärken geschärft und eine eigene Sprache entwickelt, die dem Gesagten Nachdruck verleiht.

In Ihrem letzten großen Roman „Verschüttete Milch„, der im Ausseerland der Kriegs- und Nachkriegsjahre spielt und teils autobiografische Züge trägt, war für mich so etwas wie ein Lebensbogen geschlossen. Die Zeit, die vor der „Klosterschule“ begann.

Und nun, zum 80. Geburstag: „Dein Schatten tanzt in der Küche“. Fünf Erzählungen, fünf Frauen in schwierigen Verhältnissen. Es beginnt mit Darya aus Syrien, die mit ihrem Geliebten über das Meer flieht, der als Nichtschwimmer das rettende Ufer nicht erreichen wird. Der Flucht übers Meer folgt die Flucht in die Amnesie: Darya kann sich an ihre Muttersprache nicht mehr erinnern. So wie sie tragen auch Paula, Agnes, Amelie und Doris in ganz unterschiedlichen Geschichten eine Schwere des persönlichen Schicksals auf ihren Schultern. Es sind die außergewöhnlichen Biografien von Frauen, für die Aufgeben in herausfordernden Situationen keine Alternative ist. Wer weitermacht kann über sich selbst hinauswachsen. 

Ein Erzählband hat nie die Kraft eines Romans, in dem sich ein ganzer Lebensentwurf entwickeln darf. Deshalb ist „Dein Schatten tanzt in der Küche“ auch kein wirklich großes Buch. Aber es ist eines, in dem die starke Stimme Frischmuths laut zu hören ist.

Buchtipp: Barbara Frischmuth: Dein Schatten tanzt in der Küche. Erzählungen. aufbau-Verlag, 127 Seiten, € 20,10.
Wer mag kann es bei Buch & Boot – die Buchhandlung in Altaussee, in die ich immer wieder gerne gehe, gleich direkt bestellen.

Dein Schatten tanzt in der Küche