Prolog: Zu Weihnachten erhielt ich von meiner Freundin das Buch „Atterwellen“ von Luis Stabauer. Ich hatte es schon viele Male im Salzkammergut-Regal meines Buchhändlers stehen sehen und aus unerfindlichen Gründe nicht mitgenommen. Nun kam es über den Umweg des Mondseer Christkindlmarktes etwas verspätet bei der Tür herein, da ich zu den Feiertagen in Argentinien wandelte. Das Vorwort war schnell gelesen: es handelt vom Autor, einem Abschied, einer Reise nach Argentinien und seiner Mutter, die er lebend nicht wiedersehen sollte. Noch voll im Patagonien-Nachhall war meine Neugier mehr als geweckt.
Luis Stabauer, gebürtiger Seewalchner, aufgewachsen in Schörfling, lebt nun in Wien, hat aber ein Standbein in meiner Litzlberger Nachbarschaft. Das wusste ich allerdings noch nicht, als ich das Buch zur Hand nahm und nicht weglegen wollte, so tief war ich in die Geschichte von Erna, dem kargen Nachkriegsleben am Attersee und v.a. der unglücklichen Ehe mit ihrem Mann Leopold versunken. Der Episodenroman fußt auf den vielen Tagebüchern von Stabauers Mutter, die sie seit 1944 geschrieben hatte. Eine Lebensreise, begonnen in sparsamsten Verhältnissen. Während es nach und nach finanziell bergauf ging, bis sich die Familie ein Wirtshaus in Schörfling leisten konnte, war die emotionale Balance der Eheleute schnell in die Schräglage geraten. So leutselig, wie der Vater, ein Postler, nach außen hin schien, so sparsam war er – trotz reichlich Kindersegen – mit Anwesenheit und Gefühlen zuhause. Das Buch war in zwei Abenden gelesen. Am dritten Tag fragte ich meine „dasige“ Nachbarin beim morgendlichen Walken, ob sie den Autor „Luis Stabauer“ kennen würde. „War der Vater nicht Briefträger?“ sagte sie. „Ein ganz ein lustiger!“. Mir lief es kalt über den Rücken.
Epilog: Am nächsten Tag fand ich ein Email von Luis Stabauer in meiner Mailbox, schon vier Wochen alt. Aufgrund eines technischen Defekts war es nicht in den Haupt-Posteingang vorgedrungen. Es ging um eine Bemerkung in meinem Blogbeitrag über das Arno-Geiger-Buch „Unter der Drachenwand“. Manche Geschichten finden ein eigenes Ende, selbst wenn man sie schon fertig geschrieben hat.
- Tipp: Luis Stabauer. Atterwellen. Episoden-Roman. Hollitzer-Verlag 143 Seiten, auch als E-Book erhältlich.