Kochbücher haben einen eigenen Reiz. Erst recht, wenn sie aus der direkten Umgebung und von keinem geringerem als dem „Koch des Jahres 2023“ Lukas Nagl stammen. 4 Hauben von Gault Millau mit 35 Jahren erreicht. Das gebietet Respekt. Und Gratulation an das Bootshaus in Traunkirchen, wo Nagl seit 2012 den Ton angibt.
„Der Fischer und der Koch“ ist der neueste Streich des Puristen am Herd, der am Attersee wohnt und am Traunsee wirkt und so täglich einen großen Teil des Salzkammergutes in sich trägt.
Bei so einem Wasser-Thema ist man versucht, sich zuerst in die schönen Fischer- und Anglerglückfotos zu versenken und dann bei den Rezepten wieder aufzutauchen, um sie auf Alltagstauglichkeit zu überprüfen.
Dass Nagl darauf achtet, Nachkochenswertes weiterzugeben, weiß man allerdings schon vom ersten „Salzkammergut„-Kochbuch. Die Rezepte hat seine Frau zur Überprüfung nachgekocht. Sie koche gut, sagt er, aber nicht immer voller Freude. Beim einem Gespräch mit Karl Hohenlohe in Schörfling Mitte Juni (großer Dank ann den ortsansässigen Klimtverein, der diesen Abend ermöglichte) sprach Nagl von dem Wunsch in der Region etwas zu bewirken und der leisen Hoffnung, aus einem seiner Rezepte möge sich ein Klassiker entwickeln.
Ersteres ist ihm zweifelsohne schon gelungen, letzteres ist auf alle Fälle vorstellbar, wenn man das Buch durchblättert: von der Basis der Fischgewürze über Fischsaucen nehmen einen die Rezepte mit zu Stanglfisch, Fischsuppen, Flusskrebserln, Rohen Fisch, Eintöpfen, gebratenen oder faschierten Fischen bis zu schnellen Gerichten.
Mein lukullisches Herz hat beim Ofenkarfiol mit Krebserln und Krebshollandaise laut jubiliert, auch die Lachsforelle im Röstimantel muss demnächst probiert werden. Gottseidank trennen mich von den drei Fischern in Seewalchen jeweils nur 5 Radminuten. Auch die Grundlagen des Handwerkes, das richtige Zerlegen der jeweiligen Fische oder Flusskrebse, wird von Nagl mit genauer Bildbeschreibung erklärt. Darin sehe ich, dass Flusskrebe so gut wie immer lebend verkauft und dann entweder zuerst tiefgefroren und zerlegt oder tiefgefroren und ins heiße Wasser gegeben werden. Den Ofenkarfiol muss ich aus persönlichen Gründen wohl wieder streichen.
Doch zurück zum Buch: es ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Gerechterweise müsste Tobias Müller, der viel über die Fische in den Salzkammergutseen – von der Historie bis zur Gegenwart – zu berichten weiß, gemeinsam mit Lukas Nagl auf dem Cover stehen. Er hat dieses wunderbare Buch geschrieben, in dem man (dank Branding von Melanie Kraxner) immer wieder aufs Neue zu lesen anfangen kann und doch wieder was erfährt über Fischer, die Aale am Attersee, die Karpfendämmerung im Waldviertel, Fliegenfischen in der Ybbs und Flussfischen in der Donau.
Auch die Fotografien machen Lust auf mehr: Patricks und Helge Kirchbergers Foodfotos sind perfekt für Nagls Kreationen und zeugen von einer ähnlichen Herangehensweise. Die Wertschätzung, die Nagl den regionalen Zutaten entgegenbringt, zeigt sich auch an den Fotos der fertigen Gerichte, die mit viel Liebe zum Detail und subtiler Lichtführung den Blick auf das Wesentliche leiten. Georg Kukuvec, für die Landschaften verantwortlich, ist ein Meister der Fotokomposition. Sein Blick für das Wesentliche lässt Regionen zwischen zwei Buchdeckeln auferstehen. (Titelfoto Georg Kukuvec)
Lukas Nagl: Der Fischer und der Koch. Servus Verlag, 336 Seiten, € 48,00.
Atterbuch schickt das Buch gerne versandkostenfrei zu.