Es war Trautl Brandstallers letztes Buch, dessen Erscheinen sie leider nicht mehr miterleben konnte. Die ORF-Journalistin, die ich als Gastgeberin im legendären Club 2 immer noch auf der braunen Ledercouch sitzen sehe, starb wenige Tage vor Eröffnung der Kulturhauptstadt 2024.
Ihre im Mandelbaum-Verlag erschiene Publikation legt einen Blickpunkt auf jüdische Lebenswelten im Salzkammergut und vereinigt – neben ihrem eigenen historischen Text zur gesamten Salzgeschichte, der sich durch das Buch wie eine Klammer zieht – Beiträge von Autoren und Autorinnen, deren Herz im Salzkammergut schlägt: Christoph Ransmayr, Klaus Maria Brandauer, Yvonne Oswald, Miguel Herz-Kestranek, Nina Höllinger, Günter Kaindlstorfer, Robert Schindel, René Freund und Julia Müllegger. Ein Potpourri, abwechslungsreich, interssant, verstörend, manchmal auch bestürzend ehrlich.
Einige hat Brandstaller direkt interviewt, wie Christoph Ransmayr, der im Lauf seiner Jugendjahre, die für ihn so prägende Traun flussaufwärts bis zum Hallsätter See gegangen ist. „Und ich habe dabei sowohl die Janusköpfigkeit der Bewohner dieser zauberischen Landschaft als auch die tiefen Schatten, besser: die Finsternis in dieser Kulisse erfahren“. Die Begegnung mit dem KZ in Ebensee ist an seinen Büchern nicht spurlos vorübergegangen.
Andere haben in Kurztexte verdichtete Lebensgeschichten beigetragen, wie Klaus Maria Brandauer über seine Kindheit bei den Großeltern in Altaussee und den Bemühungen der Eltern, ihm Deutschland schmackhaft zu machen: „Mein Vater hat sich redlich bemüht. Aber er war viele Jahre chancenlos gegen Altaussee.“ Brandauers Odad (Großvater) war Mitglied der österreichischen Widerstandsbewegung während der Nazi-Zeit und erklärter Antifaschist.
Robert Schindel legt den Finger auf Wunden, die bis heute nicht vergessen worden sind: „Auf dem Friedhof zeigt sich die Komplexität von Altaussee. Es war einer der wenigen Orte, in denen es vor 1938 eine Art friedliche Koexistenz zwischen Juden und Nichtjuden gegeben hat. Das hat sich mit dem Anschluss schlagartig geändert.“
René Freunds Beitrag „Aus der Mitte“, subsumiert die Gegenwart zweifellos am besten von allen:
„Was ich in den vielen Jahren als „Zuag’roaster“ ebenfalls lernen durfte: Eigentlich ist das Salzkammergut ganz anders. Mit dem Kaiser und der dümmlichen Operettenseligkeit hat man hier wenig am Hut.
Buchtipp: Das Salzkammergut zwischen Faktischem und Anekdotischem
Traudl Brandstaller: Einischten. Aussichten. mandelbaum verlag, 177 Seiten, € 25,00