Das Buch ist nicht neu, war aber viele Jahre vergriffen und sogar meine eigene Salzkammergut-Bibliothek wartete freudig auf eine Neuauflage von Dietmar Griesers Einblick in die Seelenlandschaft der Künstler des Salzkammergutes aus dem Jahr 1993, das damals noch „Nachsommertraum“ hieß. 30 Jahre später – Dietmar Grieser ist mittlerweile im 89. Lebensjahr angekommen – hat der Amalthea-Verlag das Buch auf „Es muss was Wunderbares sein … “ umbennant, mit einem Kulturhauptstadt-„friends“-Aufkleber versehen und in den letzten Wochen bestens im Buchhandel positionieren können. Nicht ohne Grund.
Für Geschichtsinteressierte ist Griesers Werk Grundlagenliteratur, in der das Künstler-Who is Who, das sich im 19. und frühen 20. Jahrhundert im Salzkammergut die Klinke in die Hand gab, versammelt ist. Für die Recherchen hat der Autor im Pre-Internetzeitalter viel Zeit in der Nationalbibliothek verbracht, historische Schriften und Zeitungsartikel gelesen und Fotos betrachtet. Dabei ist es ihm gelungen, auch kleine Details herauszuarbeiten, die heute schon als verschüttetes Wissen gelten. Das macht jeden einzelnen seiner Streifzüge in das Leben bekannter Persönlichkeiten so eindrucksvoll.
Grieser nimmt einen mit auf eine Reise in die Vergangenheit, von der man das Gefühl hat, dass das Gras grüner und die Sommerfrische endlos war.
Curzon-Villa am Attersee
In Sichtweite meines Bürofensters am Attersee befindet sich auch die von ihm beschriebene Curzonvilla, in der die Waisenkinder der berühmten Staatsopernsängerin Maria Cebotari nach dem Tod der Mutter ein neues Heim fanden. In Litzlberg ist sie unter „Amerikanervilla“ bekannt, nach einem Eigentümerwechsel firmiert sie derzeit unter Lindenhof. In einigen alten Salzkammergut-Büchern ist sie vor allem aus architektonischer Sicht beschrieben, aus der hervorragenden Regionalplattform atterwiki waren mir chronologische Daten der Besitzer bekannt.
Lebendig wurde sie mir – nach 20 Jahren (!) – aber erst durch Griesers Geschichte „Die Waisen von Litzlberg. Maria Cebotari und ihre Kinder“ in diesem Buch. Seine detailgetreue Schilderung des Begräbnisses der bekannten Sängerin, der erschütternden Lebensumstände der beiden Buben und der mit unglaublichen Fakten angeicherten Geschichte rund um die Bemühungen der Curzons sie zu adoptieren, ist Zeugnis eines Autors, in dem Recherchierkunst und stilistische Eleganz auf gleicher Ebene zusammentreffen. Einfach großartig.
Buchtipp: Dietmar Grieser „Es muss was Wunderbares sein … Das Salzkammergut und seine Künstler. Amalthea Verlag, 240 Seiten, € 28,00.