Liebe Birgit,
als ich letzte Woche am Heimflug vom Edinburgh Festival dein Buch „Flugschnee“ zur Hand nahm, hoffte ich auf eine angenehme Lektüre, die mir die Flugzeit verkürzen würde. Nach 50 Seiten hoffte ich auf einen längeren Flug, damit ich die Lektüre nicht unterbrechen müsste. 100 Seiten später war es fast soweit: der Anschlussflug schien aufgrund unserer verspäteten Abreise nicht wirklich erreichbar und ich war gefangen in dieser Geschichte, die harmlos beginnt, aber Stück für Stück, Schale um Schale tiefer hineinführt, in die generationenübergreifenden Abgründe einer Familie, bei der das Trennende stärker zu verbinden scheint, als das Gemeinsame. Nach und nach werden Verbindungen offensichtlich, zeigt sich, wer Freund, wer Familie und wer an der Lebensfreude scheitern muss, weil Systeme einfach wirken. Und immer wieder der Schnee! Schon im Titel des Buches – „Flugschnee“ – liegt die gesamte Dynamik dieses Buches. So leicht und doch der Stoff, aus dem Lawinen gemacht sind. Großartig!
Als ich beim Lesen kurz innehielt, um über den Titel nachzudenken, waren wir in Frankfurt gelandet, draußen hatte es 30 Grad, aber die Maschine war wie üblich überdimensional herabgekühlt. Ich hatte den Flugschnee also quasi vor Augen, als die Stewardess durchgab, dass die Gäste aus Salzburg mit einem eigenen Bus abgeholt und direkt zum Weiterflug gebracht werden. Da war ich direkt enttäuscht, die Lektüre unterbrechen zu müssen.
Ich freue mich, liebe Birgit, dass ich dir auf diese Art und Weise wiederbegegnet bin. Als wir beide noch in Salzburg lebten und in der Kulturszene da und dort aufeinandertrafen, habe ich mich immer an deiner unkompliziert sympathischen Art und dem herzlichen Lachen erfreut. Nicht wissend, dass du deine Kindheit in Seewalchen und Jugend in Bad Aussee verbracht hast. Dazwischen liegt die ganze Bandbreite des Salzkammergutes. Herrlich.
Der Buchhändler meines Vertrauens in Seewachen hat schon oft gesagt, dass er gerne mit Birgit Müller-Wieland eine Lesung machen würde, da kannte ich dich aber noch unter Feusthuber, das hat mir nichts gesagt.
Nun ist „Flugschnee“ auch noch für den Deutschen Buchpreis nominiert: gratuliere!
Ich freue mich von dir wieder zu lesen,
Ilse
- Tipp: Birgit Müller-Wieland: Flugschnee. Otto Müller-Verlag, 343 Seiten. Auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis 2017.
Pressefoto Birgit Müller-Wieland von Christof Decker