Dieses Buch wird es im Salzkammergut schwer haben. Denn wer den „Stoa“ mit all seinen Eigentümlichkeiten kennt, wen es wie Friedrich Simony hinaufzieht und wer sein Herz in der Region verloren hat, kann sich schwer wiederfinden. Die Diskrepanz zeigt sich bereits am Titelblatt: unter „Wilder Dachstein“ stellt man sich mehr vor, als einen Mann mit Händen in den Hosentaschen, der den Dachstein im Gosausee betrachtet. Wen schneidig kalter Wind im Schneegestöber schon mal zum Umkehren gezwungen hat, der weiß, welch wilde Stimmung oben herrschen kann. Darin sucht man in dem Bild-Band vergebens.
Falsch ist deshalb vielleicht auch nicht das Buch, falsch ist der Titel, der andere Erwartungen weckt. Sowohl bei den Bildern als auch im Text. Im ersten Teil hat die Volkskundlerin Elsbeth Wallnöfer Fakten, historische Daten, Mythen, Ereignisse und Schriften zusammengetragen, die den Dachstein vom Beginn seiner Beschreibungen weg kennzeichnen. Eine Dokumentation und eine Bestandsaufnahme, manches historisch interessant, manches zum Schmunzeln, manches wie der Dachstein als Kanzlermacher (gemeint sind die Filmaufnahmen mit Sebastian Kurz für den Wahlkampf 2017) hätte man auch getrost weglassen können.
Wer den Dachstein wirklich spüren will, sollte sich den lebhaften Schilderungen von Bodo Hell im zweiten Teil widmen. Der Salzburger Autor hat die Sommer über Jahrzehnte als Alpenhirt in der Region verbracht, seine Erlebnisse zusammengetragen und Historisches verwoben. Man merkt gleich: hier kann man einem vom „Stoa“ Beseelten nahekommen, der ihn in seine eigene Sprache gegossen hat. Für diese Art der Beschreibung gibt es auch im Salzkammergut einen nährhaften Leser-Boden.
Elsbeth Wallnöfer, Peter Kubelka (Fotos), Bodo Hell: Wilder Dachstein, 192 Seiten, Pustet Verlag 2018, € 29,00