Dieses Buch passt irgendwie zur Zeit. Im Hochkomplexen ist alles plötzlich sehr einfach geworden. Zuerst einmal die Sprache. Große literarische Sprachkunst ist es nicht, die Dominik Barta in seinem Debutroman „Vom Land“ vorgelegt hat. Aber dort wo das Buch spielt, kann man auch nicht erwarten, dass viele Worte geredet werden. Es ist die Arbeit am Hof, die alles bestimmt und alles zusammenhält. Fast ein ganzes Leben lang. Bis der Punkt kommt wo nichts mehr geht: Theresa, die Altbäurin, bleibt einfach im Bett liegen und spricht nicht mehr. Der angedachte Virus ist keiner. Theresas Leben hat sich totgelaufen und Erwin, ihr Mann, der nie viel geredet hat, kann es nicht glauben. Was für ihn einfach war – die bedingungslose Unterstützung seiner Frau – wird im neuen Alltag plötzlich schwer. Was für sie schwer war – ein Leben voller Arbeit und kaum Liebe – wird, wenn man sich einmal entschieden hat, plötzlich ganz einfach.
Es ist nicht alles verloren in diesem Prielitz, irgendwo in der oberösterreichischen Provinz, die als Synonym für das Landleben genommen werden kann, wie der Attersee für die kleine Urlaubsflucht. Man trifft auf bekannte Stereotype: der Bankfilialleiter, der Pfarrer, der Unternehmer, die Flüchtlinge, die Bauern, der Enkel und jene, die in die Stadt gezogen sind, weil sie ihr Geheimnis am Land nicht leben konnten. Und doch ist das ganze Ausmaß der Tragik, die einem in Bartas Buch begegnet nicht vorhersehbar. Deshalb muss man dieses Buch auch bis zu Ende lesen. Erst dann versteht man, dass Barta Sprache und Inhalt aufeinander abgestimmt hat. Die Schlichtheit war kein Versäumnis, sondern Basis um den Inhalt zu verdichten.
Buchtipp: Dominik Barta: „Vom Land“, Zsolnay-Verlag, 170 Seiten, € 18,50